Inhaltsverzeichnis
1900 lebten in New York nur rund 3,5 Millionen Menschen | City Hall Station mit einzigartiger Architektur von namhaften Künstlern | Eine Besichtigung der City Hall Station ist nur unter erschwerten Bedingungen möglich | Eine Tour mit dem New York Transit Museum | Eine Fahrt mit der Linie 6 der New Yorker U-Bahn
Sie ist ein Relikt aus einer anderen Zeit, einer Zeit, in der man Ästhetik unters Volk und in die Architektur des Alltags bringen wollte, in der die Form noch nicht zwingend der Funktion folgen musste und in der man auf vielerlei Arten die aufstrebende Position New Yorks innerhalb der USA repräsentieren wollte.
Etwas, das zumindest zu Anfang gelang. Die City Hall Station war der Startbahnhof der ersten New Yorker U-Bahn, der Manhattan Main Line der New York City Subway, die damals noch Interborough Rapid Transit Company (IRT) hieß. Als dieser sollte sie die Parade-Plattform und das Aushängeschild der New Yorker U-Bahn werden und erfreute sich großer Beliebtheit. Die Eröffnungsfeier am 28. Oktober 1904 war so gut besucht, dass man die Station rund um die Uhr polizeilich bewachen lassen musste. Doch die Popularität der „Mona Lisa der Untergrundbahnen“ war nur von kurzer Dauer.
1900 lebten in New York nur rund 3,5 Millionen Menschen
Denn man hatte nicht mit den Menschenmassen gerechnet, die es schon bald nach New York ziehen sollte. Lebten dort um 1900 herum nur ganze 3,5 Millionen Menschen, so waren es im Jahr 1920 bereits 5 Millionen und 1940 weit über 7 Millionen, die dort lebten und arbeiteten. Diesem Andrang war das New Yorker U-Bahn-System nicht mehr gewachsen. Man musste die U-Bahnhöfe und die Züge großzügig verlängern, um mehr Platz für die Fahrgäste zu schaffen. Das war jedoch gerade an der City Hall Station, dem Aushängeschild der U-Bahn, nicht möglich und so wurde die angrenzende Station Brooklyn Bridge bei den Pendlern immer beliebter. Die Fahrgastzahlen an der City Hall Station gingen zurück und man entschloss sich am 31. Dezember 1945 diese für immer zu schließen.
Eine traurige Entwicklung, die jedoch auch dazu beitrug, den einzigartigen Charme und die majestätische Erscheinung der U-Bahn-Station fern von Rost, schmucklosem Metall und Graffiti-Schmierereien bis in die heutige Zeit hinein zu bewahren.
City Hall Station mit einzigartiger Architektur von namhaften Künstlern
Wer heute Gelegenheit hat, einen Blick auf die City Hall Station zu werfen, fühlt sich in eine andere Zeit versetzt und hat den Eindruck, einen verwunschenen Ort vor sich zu sehen. Gerade ist an diesem Ort nur wenig. Die Eingänge sind geschwungen, ebenso wie die Gewölbe an den Decken. Es gibt riesige, elegante, strombetriebene Kronleuchter aus Messing, ausgeklügelte Oberlichter, die das Tageslicht ausnutzen und für mehr Helligkeit sorgen, Eichenmöbel und eine spezielle Gewölbeverkleidung, deren Farbmuster in New York einzigartig ist. Keine Säule verdeckt den Blick auf den Bahnsteig.
Verantwortlich für dieses Prachtstück zeitgenössischer Architekturkunst im Stil der Neuromanik zeichneten die renommierten Architekten George Lews Heins und Christopher LaFarge, die auch die Kathedrale von St. John The Divine planten. Unterstützt wurden sie durch Raphael Guastavino, einen spanischen Architekten, der vor allem durch seine patentierte und einzigartige Art der Gewölbeverkleidung berühmt wurde. Seine Werke sind in vielen bekannten Bauwerken der USA zu finden, wie etwa in der Grand Central Station, dem American Museum of Natural History und dem Obersten Gerichtshof der Vereinigten Staaten. Und ein weiterer bekannter Name taucht in der Baugeschichte der verlassenen U-Bahn-Station auf. John Gutzon de la Mothe Borglum, kurz Gutzon Borglum, der Bildhauer, der für die Köpfe der vier Präsidenten am Mount Rushmore National Memorial verantwortlich zeichnet.
Eine Besichtigung der City Hall Station ist nur unter erschwerten Bedingungen möglich
Die erste U-Bahn-Strecke New Yorks brachte ihre Gäste einst für einen Preis von fünf Cent von der City Hall Station zur Grand Central Station, über den Times Square weiter nach Norden in die 145. Straße in der Bronx und zurück. Heute hält dort kein Zug mehr und es ist – vorwiegend aufgrund von Sicherheitsbedenken – nicht möglich, den verlassenen Ort auf eigene Faust zu erkunden. Alle Zugänge sind verschlossen. Die letzte Gelegenheit gab es im Jahr 2004, als der Bahnhof zur 100-Jahr-Feier der U-Bahn ein wenig renoviert und für einige Stunden geöffnet wurde.
Aktuell gibt es jedoch zwei Möglichkeiten, die City Hall Station zu besuchen beziehungsweise einen flüchtigen Blick darauf zu werfen.
Eine Tour mit dem New York Transit Museum
Lange Zeit war es nicht möglich, die City Hall Station überhaupt zu besuchen. Seit 2006 werden jedoch vom New York Transit Museum an einigen Tagen im Jahr wieder exklusive, geführte Touren angeboten. Die etwa 90-minütigen Führungen beginnen oberirdisch in der Umgebung und schließen den Besuch des Bahnhofs mit ein. Sie finden bei jedem Wetter statt und man sollte für die Teilnahme gut zu Fuß sein.
Darüber hinaus müssen Teilnehmer registriertes Mitglied des New York Transit Museums sein, sich einer Hintergrundprüfung unterziehen und sich frühzeitig um die Reservierung bemühen, da die Tickets zu einem Preis von 50 Dollar meist sehr schnell ausverkauft sind. Die Tickets sind bei Verhinderung nicht erstattungsfähig und können auch nicht auf einen anderen Termin umgebucht werden. Die Teilnahme an einer offiziellen Führung muss demnach sehr gut und frühzeitig geplant werden.
Kindern unter zehn Jahren ist die Teilnahme nicht gestattet. Minderjährige ab zehn Jahren müssen von einem Erwachsenen begleitet werden.
Eine Fahrt mit der Linie 6 der New Yorker U-Bahn
Die City Hall Station befindet sich an einer Wendeschleife der Linie 6. Bleibt man an der Endstation Brooklyn Bridge – City Hall in der U-Bahn sitzen, schließen sich die Türen und die Bahn fährt in die Wendeschleife vorbei an der verlassenen Station.
Es lohnt sich, für die Fahrt einen hellen, sonnigen Tag zu wählen, so dass der Bahnhof bei der Durchfahrt vom Tageslicht gut beleuchtet wird und/oder einen Tag zu wählen, an dem eine offizielle Tour stattfindet. Dann sind sogar die Kronleuchter der Station eingeschaltet und man kann einen besseren, wenn auch ebenso flüchtigen Blick, auf diesen ganz besonderen Ort unter den Straßen von New York erhaschen.
Die City Hall Station ist zwar mit Abstand die schönste und eindrucksvollste, jedoch nur einer von insgesamt neun verlassenen und erhalten gebliebenen unterirdischen Bahnhöfen der New York City Subway.